Fragen an den Brandschutz
… oder so finden Sie sich im Dschungel der Brandschutz-Gesetze zurecht.
Manchem mögen die Anforderungen und Gesetze im Brandschutz wie dichter Dschungel vorkommen. Damit sie den Überblick in diesem Dickicht nicht verlieren, beachten Sie die folgenden 5 goldenen Regeln.
Brandschutz und das Wissen darüber sind nicht in den letzten Jahren plötzlich vom Himmel gefallen. Bereits seit Jahrhunderten besteht eine gewisse Einigkeit darüber, dass es sich lohnt, Überlegungen zum Schutz vor Feuer und Rauch anzustellen und Maßnahmen dafür zu ergreifen. Die älteste und dauerhafteste bauliche Maßnahme ist vermutlich die Erstellung einer Brandmauer, heute Brandwand genannt. Im Wort Brandmauer steckt noch der Mauerziegel, ein nichtbrennbares Bauprodukt, das die hemmungslose Ausbreitung von Feuer in der damals üblichen Holzbauweise verhindern sollte, eine einfache und effektive Maßnahme, die auch heute noch in vielen Altstädten ihren Dienst tut.
Keine Regel ohne Ausnahme und keine Annahme ohne Tücken
Stück für Stück, Paragraf für Paragraf und Norm für Norm kamen insbesondere im zweiten Teil des letzten Jahrhunderts unzählige neue Vorschriften, Festlegungen und Bestimmungen hinzu, die bei weitem nicht immer logisch aufgebaut sind und sich mit dem gesunden Menschenverstand erschließen lassen. Je tiefer der Experte oder interessierte Laie Einblick in diesen Blätterwald nimmt umso mehr scheint er sich in einem unübersichtlichen bis undurchdringlichen Dschungel zu verirren. Wer vorher z. B. glaubte, Bäume hätten ihre Wurzeln fest in der Erde und würden ihre Äste und Blätter regelgerecht und gerade in den Himmel strecken, muss dort bald erkennen, dass es keine Regel ohne Ausnahme und keine Annahme ohne Tücken gibt, so wie im Dschungel Wurzeln durchaus hoch in der Luft hängen können.
Natürlich gibt es eine Vielzahl von Menschen, Architekten, Brandschutzplaner oder Bauunternehmer, die sich tagtäglich in diesem Dschungel zurechtfinden und für den erfolgreichen Abschluss eines Bauvorhabens heil und unbeschadet aus ihm heraustreten.
Doch die Zahl derer, die sich verlaufen, an Schlingen oder Fußangeln hängen bleiben, in Gesetzeslöcher fallen, denen die Bäume plötzlich über den Kopf wachsen, steigt stetig. Für viele bedeuten die Gesetze des Dschungels plötzlich Fressen und Gefressen werden, für sie herrscht dort das Recht des Stärkeren.
Das Gegenteil ist wahr. Wer die exakten Definitionen kennt und aktuelle Informationen nutzt, wer über das richtige Werkzeug und das grundlegende Wissen verfügt, kann sich selbst im wüstesten Dickicht zurechtfinden.
1. Aller Anfang ist leicht (mit den richtigen Partnern)
Detailwissen ist gut. Doch für den Einstieg in die Kompetenzgebiete Baurecht und Brandschutz ist insbesondere für Architekt/innen Übersicht und Basiswissen gefragt.
In welche Gebäudeklasse wird mein geplanter Neubau eingestuft? Wie gehe ich mit dem Bestandsschutz bei dem beauftragten Umbau um? Welche besonderen Verordnungen muss ich bei einer Versammlungs- oder Verkaufsstätte beachten? Wann muss ich einen Brandschutznachweis für den Bauantrag erstellen lassen? Wann und von wem muss er geprüft werden?
Am Anfang empfiehlt es sich daher, Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen zu besuchen, die solche allgemeine Kenntnisse und Informationen vermitteln. Die Brandschutz Akademie Berlin führt seit fünf Jahren das Berliner Brandschutz-Fachgespräch durch, das sich jedes Jahr mit einem anderen ungeregelten Sonderbau beschäftigt. Die Referenten – Nutzer, Architekten, Brandschutzfachplaner, Prüfingenieure für Brandschutz und Mitglieder der Feuerwehr – betrachten diese Gebäude von verschiedenen Seiten und vermitteln einen Überblick über die richtige Vorgehensweise bei Planung, Ausführung und Nutzung: ein guter Einstieg für Interessierte.
2. Ein Blick ins Gesetz erspart viel Geschwätz
Diese Juristenweisheit gilt auch im Brandschutz. Die oberste Bestimmung zum Brandschutz in Gebäuden ist die Bauordnung des jeweiligen Bundeslandes. Diese Bauordnungen sind in verschiedenen Bundesländern durchaus verschieden. Zusätzlich werden sie immer wieder größeren Novellierungen oder kleineren Änderungen unterworfen. Deshalb lohnt sich immer wieder ein aktueller Blick in die Bauordnung des Bundeslandes, in dem gerade geplant oder gebaut wird.
Natürlich gibt es spannendere Lektüre, z. B. Brandschutz+. Dort bekommen Sie in gut verdaulichen Geschichten die Chancen und Tücken vermittelt, die im Baurecht und im Brandschutz stecken. Doch das Original ist durch nichts zu ersetzen. Ein gutes Viertel der 88 Paragrafen der Bauordnung Berlin (BauO Bln) ist ja durchaus verständlich und unmittelbar anwendbar. Das gilt insbesondere für die §§ 26 bis 42 (Dritter Teil vierter, fünfter und sechster Abschnitt). Doch wer will sich wirklich mit dem dritten Teil des dritten Abschnitts (§§ 17 bis 25) quälen. Oder gar mit dem vierten, fünften und sechsten Teil der Bauordnung, in dem all die Fallen und Fußangeln bezüglich der Pflichten der am Bau Beteiligten, der Rechte der Bauaufsichtsbehörden, der Verfahren oder der Ordnungswidrigkeiten, Rechtsvorschriften, der bestehenden baulichen Anlagen und der Zuständigkeit verborgen sind.
Doch frisch ans Werk. Die Lektüre lohnt. Und zwischendurch lesen Sie zur Aufheiterung Brandschutz+.
3. Brandschutz ist keine Hexerei
Manchmal schwebt so etwas wie Magie und Zauber um das geheime Brandschutzwissen. Von Brandschutz-Magiern werden gefährliche Elemente beschworen, ihr Wirken und ihre Folgen werden mit geheimen Formeln bewertet und beeinflusst. Sie raunen und tuscheln, um zu beeindruckend oder von seiner eigenen Inkompetenz abzulenken, glauben Sie ihm/ihr kein Wort! Schon die Fragen: was wäre, wenn es jetzt hier brennt, oder: was wäre wenn die Flammen hier herüber schlügen, führen in die Irre. Shit happens all the time. Aber das kann keine Gesetzgebung und keine Regeln begründen.
Brandschutz ist für jeden durchschau- und erlernbar, der sich von Brandschutz-Magiern nicht ins Bockshorn jagen lässt und sich an die Systematik des Baurechts hält.
Doch die Bauherr/innen und Architekt/innen bestimmen, welche Art von Brandschutzplaner sie in Zukunft haben wollen. Hilflose Zauberer oder gute und effektive Planer und Experten, die mit individuellen Brandschutznachweisen ihr Projekt unterstützen und helfen optimale Lösungen für Ihr Bauvorhaben zu finden.
4. Lücken und Widersprüche
Brandschutz ist die Umsetzung gesellschaftlich geforderter Schutzziele. Brandschutz lässt sich grob gliedern in einen baurechtlichen und einen bauphysikalischen Teil. Ganz oben steht das Baurecht. Nur ein Gesetz verpflichtet die Bürger eines Staates (oder einer Staatengemeinschaft) zu bestimmten Handlungen oder Unterlassungen. Nun sind Gesetze nicht immer logisch, lückenlos, widerspruchsfrei und miteinander kompatibel.
Lücken und Widersprüche in Baugesetzen, die täglich angewandt werden, lassen engagierte Brandschützer nicht ruhig schlafen.
Hier kommt die bauphysikalische Seite ins Spiel. Manchmal, z. B. bei Risikobetrachtungen unter lückenhaften oder widersprüchlichen Gesetzesvorgaben, lohnt sich die Überlegung:
Was wäre, wenn …? Was wäre, wenn es an dieser Stelle brennt oder wenn ein Rettungsweg verraucht ist?
Auf höherem Niveau der Brandschutzplanung werden dazu häufig Computersimulationen eingesetzt, die Brand- und Rauchszenarien oder Evakuierungszeiten auf dem Wege der Annäherung berechnen können.
5. Kann man an einem Tag Brandschutz lernen?
Sicherlich nicht, denn auch wenn Brandschutzwissen keine Hexerei ist, die verschiedenen Wissensgebiete sind zu vielfältig, um sie hintereinander herbeten zu können. Für einen grundlegenden und kompetenten Überblick reicht sicher eine Tagesveranstaltung aus.
Dabei wird anschaulich erklärt, in welchen Fällen und unter welchen Umständen ein Brandschutznachweis (BSN) erforderlich ist. Sie erfahren alles über die Schutzziele und Anforderungen, die in einem BSN definiert sind und Sie lernen die Inhalte des BSNs richtig zu lesen und zu verstehen.
Für Vertiefungen sollten Sie parallel die Veranstaltungsreihe Architektur + Brandschutz der BAB besuchen. Dort ist jeweils ein Basis-Vortrag zur Einordnung des Themas in das allgemeine Bau- und Brandschutzrecht geplant, der durch den Vortrag eines Spezialisten ergänzt wird, der in die Einzelheiten des Themas eindringt. Dadurch entsteht ein guter Überblick zur Relevanz des Veranstaltungsthemas in der Planungs- und Baupraxis, aber auch ein Gefühl für die möglichen Auswirkungen im Detail.
Veröffentlicht am 5. Februar 2021.