Niedrigschwelliger Brandschutz für Brownfields und die Kreativwirtschaft

 

 

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Hempelsche Fabrik Plauen Objektbegehung (Foto: WAL Forschungsprojekt)

Durch die Risse im Boden zwängen sich Farne und Löwenzahn, feuchtes Mauerwerk verbreitet eine modrige Kälte, an den Resten einer stählernen Dachkonstruktion ranken Efeu und andere Kletterpflanzen, durch das geborstene Dach fallen die Schatten von Blättern und Zweige vor einem strahlend blauen Firmament.

Doch in den glänzenden Augen der Umstehenden sehe ich schon Bilder einer Ausstellung, fleißige Designer im Co-Working-Space, Maler, Bildhauer in üppigen Ateliers und Feiernde bei Vernissagen und Finissagen.

So oder so ähnlich könnten alle der Geschichten der Projekte des Forschungsprojekts mit dem Kurztitel „Niedrigschwellige Instandsetzung brachliegender Industrieanlagen mit nutzungsorientiertem Umbau zu kostenoptimierten Arbeitsräumen für die Kreativwirtschaft in strukturschwachen Regionen bei fortführender energetischer Optimierung“ beginnen.

 

Visit Niedrigschwellige Instandsetzung brachliegender Industrieanlagen mit nutzerorientiertem Umbau zu kostenoptimierten Arbeitsräumen für die Kreativwirtschaft

Von Ludwig Persius bis Wilhelm Pieck

Die Bandbreite dieser Gebäude, die in dem Projekt besucht und bewertet wurden, reicht von einer Brauerei, die der Architekt Ludwig Persius als sprudelnde Geldquelle zur Finanzierung des Fürst-Pückler-Parks in Bad Muskau schaffen sollte bis zu Kathedralen der Tiefkühlkost, in denen Nahrungsmittel für die Helden des Deutschen Sozialismus, wie Wilhelm Pieck, tiefgefroren wurden, damit sich auch in schlechten Zeiten nicht auf ihren gewohnten Speisenplan hätten verzichten müssen.

So vielfältig wie die Gebäude selbst so vielfältig ist auch der Charakter der dabei verwendeten Baustoffe, Bauteile und Bauprodukte. Und wenn ich „Charakter“ sage, dann meine ich das auch so. Sie sind mannigfaltige Persönlichkeiten, die einem manchmal stark und stolz gegenübertreten: ein abgeschabter Mauerstein, ein Holzbalken mit einem alten Abbundzeichen, ein morscher Fensterstock oder eine fein verzierte Stahlstrebe. Manchmal lächeln sie nur noch müde und erschöpft; sie warten auf eine helfende Hand, die ihnen zu einem angenehmen Lebensabend oder sogar noch zu einem zweiten Frühling verhilft. Sie erzählen Geschichten und können Freunde werden und in den meisten Fällen ist es zu schade sie wegzuwerfen auf den Abfallhaufen der Baugeschichte.

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Altes Kühlhaus Görlitz, Innenansicht (WAL Forschungsprojekt)
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Selbermachen als Schreckgespenst

Kreative Initiative und ehrenamtliches Engagement vertragen sich mit dem Baurecht selten auf Anhieb. Spätestens wenn es darum geht, in viel Elan aber wenig Wissen Genehmigungen einzuholen oder für das Geschaffene Nachweise und Bescheinigungen beizubringen, trifft soziokulturelle Begeisterung auf einen trägen Amtsschimmel. Sperrige Gesetze im Denkmalschutz oder Erhaltungssatzungen können für die Sicherung dieser Gebäude einen gewissen Freiraum schaffen, ohne die glänzenden Augen und die fleißigen Hände der „Selbsthelfer“ geht meistens jedoch nichts voran. Für die Behörden wird Selbermachen so schnell zum Schreckgespenst.

Andererseits müssen auch himmelstürmende Zukunftsprojekte irdischen Anforderungen an ein Mindestmaß an Sicherheit und Brandschutz genügen. Bei all diesen Projekten gilt es daher, diesen Konflikten frühzeitig aus dem Wege zu gehen. Bei der Lösung ist in Sachen Sicherheit und Brandschutz immer ein durchdachtes Brandschutzkonzept hilfreich, das mit und nicht gegen das vorhandene Gebäude „arbeitet“.

Brandschutz fällt nicht vom Himmel

Dazu bedarf es vor allem einer intensiven Recherche des diesen Gebäuden innewohnenden Wertes, vor allem, was den „historischen“ Brandschutz der Gebäude betrifft. Brandschutz fällt nicht plötzlich vom Himmel, sondern fand bei der Planung und Errichtung von Gebäuden immer schon Beachtung. In den meisten Fällen war er auch mehr oder weniger stimmig zu Zeiten, in denen die Gebäude „bestimmungsgemäß“ genutzt wurden.

Forderungen an die Neubewertung oder die Verbesserung des resultieren im Wesentlichen aus

  • veränderten Nutzungen (Ausstellungen, Veranstaltungen, Wohnen)
  • mangelhafter Instandhaltung bzw. Verfall der Bausubstanz oder der Infrastruktur
  • Wegfall von Brandschutzeinrichtungen (z.B. Werkfeuerwehr)
  • zusätzlichen Gefährdungen (z.B. größere Personendichte oder längere Aufenthaltsdauer von Personen)

Bei der Weiterführung bzw. Wiederaufnahme einer Nutzung, die der ursprünglichen Nutzung in etwa entspricht (Werkstätten, Manufakturen, Büro- oder Verwaltung, Kantine, Hausmeisterwohnung, Werksverkauf etc.) und einer laufenden Grundinstandhaltung der Gebäude und technischen Anlagen bis in die Gegenwart, kann häufig davon ausgegangen werden, dass die baurechtlichen und brandschutztechnischen Anforderungen sich nicht wesentlich geändert haben.

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WAL Forschungsprojekt, Umnutzung Kunstgallerie (Foto: WAL Forschungsprojekt)

Konkrete und abstrakte Gefahr

Insbesondere kommt es in diesem Fällen kaum zu konkreten Gefährdungen, d.h. es existiert kein Zustand oder keine Sachlage, bei der durch den ungehinderten Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein wesentlicher Schadensfall eintritt.

Davon zu unterscheiden ist die abstrakte Gefahr, die i.d.R. nicht aus einem konkreten einzelnen Sachverhalt, sondern aus Abweichungen von Gesetzen, Verordnungen oder Regeln besteht, die ggf. zu einer Gefährdung führen können. Während bei einer konkreten Gefahr unmittelbar gehandelt werden muss, können abstrakte Abweichungen vom Baurecht im Rahmen eines Gesamtkonzepts mit zeitlicher Priorisierung abgearbeitet werden.

Abstände, Brand- und Rauchabschnitte

Eine der ältesten und wirksamsten Maßnahmen zum vorbeugenden Brandschutz ist die Abgrenzung einzelner Brandabschnitte gegenüber anderen Gebäudeteilen oder anderen Gebäuden. Diese Brandabschnitte werden entweder durch Abstände von Gebäuden gebildet oder mithilfe raumabschließender Bauteile mit Widerstand gegen Feuer oder Rauch voneinander getrennt. Das Baurecht verlangt daher seit Langem Abstände zwischen Gebäuden oder die Unterteilung insbesondere großer Gebäude in Brandabschnitte, um den Übertritt von Feuer und Rauch auf benachbarte Gebäude oder Gebäudeteile wirksam zu verhindern.

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Kuhstall Hof Prädiko Lageplan (Quelle-Hütten & Paläste)

Rauchgase können selbst bei kleineren Brandereignissen eine große Gefahr darstellen. Das macht einerseits die Bildung von Rauchabschnitten für die Flucht- und Rettung von Menschen und Tieren, insbesondere bei Gebäude mit hohem Personenaufkommen (z.B. Verkaufs- oder Versammlungsstätten), erforderlich. Ebenso ermöglichen sie dem abwehrenden Brandschutz (Feuerwehr) wirksame Löscharbeiten durchzuführen. Andererseits können Rauchabschnitte durch Rauchschutzabschlüsse (z.B. Rauchschutztüren) oft „niedrigschwelliger“ hergestellt werden, als Brandabschnitte. Da Rauch nach oben steigt, können in Einzelfällen auch Stürze oder Rauchschürzen für eine unauffällige Rauchabschnittsbildung sorgen.

Abstandflächen (auch Abstandflächen, Grenzabstand oder Bauwich) sichern nicht nur eine ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung der dem Aufenthalt von Menschen dienenden Räume, sondern auch der Bildung von Brandabschnitten zwischen Gebäuden oder anderen baulichen Anlagen. Durch die zunehmende Verdichtung sowohl im städtischen Kontext als auch auf einzelnen Grundstücken wird die Einhaltung dieser Abstandsflächen immer schwieriger. Sollen z.B. Innbereichsgrundstücke zum Zwecke der Bebauung geteilt werden, spielen plötzlich Abstandsflächen eine Rolle, die vorher (noch) keine Probleme bereiteten.

Grundsätzlich sollte im frühen Planungsstadium über bestehende Gebäudekomplexe ein Raster von 40*40 m (zulässige Brandabschnitte bis 1.600 m²) gelegt werden. Treten wesentliche Überschreitungen dieser Brandabschnittsflächen auf, müssen Maßnahmen überlegt werden, die durch niederschwellige bauliche Maßnahmen (Wände, Verschluss von Öffnungen etc.) eine geordnete Brandabschnittstrennung sicherstellen können.

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Kuhstall Hof Prädiko Grundriss mit Clusterbildung (Quelle: Hütten & Paläste)

Anforderungen an Bauteile

Die brandschutztechnischen Anforderungen an Bauteile wie Brandwände (Brand- und Feuermauern), tragende oder aussteifende Wände oder Stützen, Decken oder Dächer haben sich in den letzten 1 ½ Jahrhunderten (seit etwa 1850) nicht wesentlich geändert. In den historischen Bauordnungen wurden für Bauteile i.d.R. keine Anforderungen an Qualitäten gestellt, sondern bestimmte Ausführungsarten beschrieben, die eine ausreichende Feuersicherheit sicherstellen sollten.

Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass historische massive Wände sowohl in statischer als auch in brandschutztechnischer Hinsicht eher den heutigen Anforderungen genügen als massive Decken, wie Element- oder Holzbalkendecken. Für genauere Einstufungen solcher Bauteile ist jedoch ein hohes Maß an Expertise und Erfahrung bzw. teilweise eingehendere zerstörende Untersuchungen erforderlich.

In vielen Fällen kann eine auch ein ausreichender Feuerwiderstand von Bauteilen durch die Anwendung aktueller Bauvorschriften – insbesondere der Industriebaurichtlinie – nachgewiesen werden (s. Franzwerk). Ein höherer Recherche- bzw. Planungsaufwand (z.B. Erstellung eines „Bestands“-Brandschutzgutachtens) lohnt sich i.d.R. immer, da dadurch höhere Aufwendungen für übertriebene Sanierungs- oder Ertüchtigungsmaßnahmen von Bauteilen eingespart werden können.

Erschließung für Feuerwehr, Flucht- und Rettungswege

Bei ausgedehnten Gebäudekomplexen sind sowohl an die Erreichbarkeit durch Rettungskräfte (Feuerwehr) als auch an die Flucht- und Rettungsmöglichkeiten von Personen besondere Anforderungen zu stellen. Neben der Ausweisung und Befestigung von Flächen für die Feuerwehr dient auch eine ausreichende und gut erkennbare Kennzeichnung und Beschilderung von Ein- und Ausgangswegen der Sicherheit von Gebäuden als auch der leichteren Orientierung von Hilfskräften und Personen (letzteres nicht nur im Brandfall).

Je höher Gebäude sind, desto wichtiger ist die Sicherheit von Flucht- und Rettungswegen. Die Benutzbarkeit von Treppen, Treppenräumen oder notwendigen Fluren, ist deshalb innerhalb der Gebäude dauerhaft sicherzustellen. Neben baulichen Maßnahmen, die Schwachstellen von Fluchtwegen (offene Verbindungen zu Nutzflächen, Brandlasten, mangelhafte Feuerschutzabschlüsse, z.B. Brand- oder Rauchschutztüren, fehlende oder mangelhafte Öffnungen zur Rauchableitung) beseitigen, helfen dabei auch organisatorische Maßnahmen (nachleuchtende Beschilderung, Kontrolle von Brandschutztüren, Einweisung neuer Mieter in Brandschutzanlagen und -organisation).

Bei der (Wieder-)Herstellung von Rettungswege ist immer ein System zweier, i.d.R. baulicher, Rettungswege zu berücksichtigen. Hierzu ist eine vorherige Projektierung und Planung erforderlich, um erforderliche Flächen und bauliche Maßnahmen frühzeitig in das Gesamtprojekt integrieren zu können.

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Treppenhaus Hempelsche Fabrik Plauen (Foto: WAL Forschungsprojekt)
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temporäres Fluchtwegschild mit Beleuchtung (Foto: WAL Forschungsprojekt)

Orientierung und Kennzeichnung

Für große Menschenmengen ist besonders bei Ausnahme- oder Notfällen Information (optisch und akustisch) und Orientierung (Licht und Kennzeichen) äußerst wichtig. Nur wenn sich die Betroffen ausreichend informiert fühlen und ihre Umgebung nicht als bedrohlich empfinden, können Paniksituationen oder Kurzschlusshandlungen vermieden werden.

Neben den dauerhaften Maßnahmen sollen insbesondere für temporäre Veranstaltungen auch temporäre Maßnahmen (Sicherheits- oder Notfallplan, Veranstaltungsleiter, Brandschutzbeauftragte, zusätzliche gesicherte Fluchtwege, Notbeleuchtung, Beschilderung usw.) ergriffen werden. Informationen über entstehende Ausnahme- oder Notsituation (z.B. Brand) und die vorgesehenen Rettungsmaßnahmen müssen schnell entweder über akustische Anlagen oder über Personen, die miteinander in (Funk-)Kontakt stehen, an die Betroffenen weitergegeben werden, damit z.B. eine notwendige Evakuierung eines Gebäudes oder Geländes schnell und reibungslos abgewickelt werden kann.

Bei allen Maßnahmen zur Flucht- und Rettung von Personen, insbesondere aus oberen Geschossen, sollten auch die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen berücksichtigt werden.

Organisatorische und personelle Maßnahmen

Zur Aufrechterhaltung und Verbesserung der organisatorischen Maßnahmen zur dauerhaften oder temporären Nutzung der Gebäude und Anlagen müssen regelmäßige Überprüfungen und Anpassungen vorgenommen und die Personen mit besonderen Brandschutzaufgaben regelmäßig informiert und ggf. geschult werden.

Empfehlungen

Das Baurecht bietet durchaus alternative Möglichkeiten an, die Anforderungen an den Brandschutz zu erfüllen. Je früher diese erkannt und optimal für die Gesamtplanung und -nutzung genutzt werden, umso weniger kommt es später zu Störungen der Planung, der Baumaßnahmen oder der Nutzung.

Die Sicherheit temporärer Nutzungen kann durchaus durch temporäre organisatorische Brandschutzmaßnahmen sichergestellt werden. Diese müssen jedoch auch den zusätzlichen Gefährdungen angepasst geplant und durchgeführt werden. Je mehr sich temporäre Nutzungen verfestigen, umso mehr sollten auch die temporären Maßnahmen durch dauerhafte Einrichtungen ersetzt werden.

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Kühlhaus Görlitz Löschvorrichtung (Foto: WAL Forschungsprojekt)

Kathedrale der Tiefkühlkost

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Altes Kühlhaus Görlitz, Innenansicht (WAL Forschungsprojekt)

Im Auftrag des Ministeriums für Lebensmittelindustrie werden ab 1953 zum Aufbau der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) vom „Sonderbaustab für das Kühlhausbauprogramm“14 Standard-Kühlhäuser gebaut, in denen für die Elite des neugegründeten sozialistischen Staates eine Staatsreserve an Rindersteaks und Schweinehälften lagerte. Bereits frühzeitig erforderliche Nachrüstungsmaßnahmen aufgrund nachlassender Dämmwirkung der verwendeten Dämmstoffe wurden durchaus kreativ und mit Gestaltungsanspruch durchgeführt. Aus Kühlhäusern wurden „Kathedralen der Tiefkühlkost“. Das einzig erhaltene Gebäude aus diesem Programm ist das Kühlhaus Görlitz, das dort trotz der zunächst kritisch betrachteten Grenznähe zu Polen errichtet wurde.

Nach einer letzten Teilnutzungen wird das Kühlhaus 1993 stillgelegt. Aufgrund ihrer industrie- und wirtschaftsgeschichtlichen Bedeutung steht die monolithische Stahlbetonkonstruktion auf der Liste des Denkmalschutzes. Seit 2008 wird umgebaut und umgenutzt. Geplant sind u.a. Co-Working-Spaces, ein Gründerzentrum, Kreativbüros, Proberäume und Kreativresidenzen.

Pilsner Bier und Pückler Eis

Brauhaus Pückler Park in Bad Muskau
Altes Brauhaus Pückler Park in Bad Muskau (Quelle: Cottbuser Brauhaus, Fürst Pückler-Muskau)
Ludwig Persius, um 1840, gezeichnet von Friedrich JentzenLudwig_copyright wikipedia
Ludwig Persius, um 1840, gezeichnet von Friedrich JentzenLudwig (Quelle: wikipedia)

Wenig zu sehen, aber vieles zu schauen, kurz: beschaulich. So ist der Eindruck, den der Besucher heute vom Pückler Park in Bad Muskau bekommt. Das war nicht immer so. Hermann Fürst von Pückler-Muskau residierte hier 1815 bis 1845 und ließ links und rechts der Neiße einen Park anlegen, der ihn mit großen Landschaftsarchitekten wie Sckell oder Lenné auf eine Stufe stellte. Pücklers Traum von natürlichen Parklandschaften verlangte nach Bauten, die so sinnfällig wie nur möglich wirken sollten. So überzeugte er auch große Architekten wie Schinkel, Semper und Persius, sich mit Gebäudeentwürfen einzubringen. Geld kann nicht das Motiv dieser „Baumeister“ gewesen sein – Pückler hatte keins.

Meistens verbindet sich der Name Pückler eher mit dem „Fürst-Pückler-Eis“, das von Louis Ferdinand Jungius, „Koch bey H. Graf von Pückler“, in Muskau „erfunden“ wurde. Doch Pücklers dringendes Anliegen, endlich Geld für seine gartenkünstlerischen Unternehmungen zu verdienen, trug auch dazu bei, dass er in den 1840er Jahren Ludwig Persius (Schinkelschüler und Potsdamer Oberbaudirektor) mit einem Neubau einer Brauerei (Link für Jugendliche nicht geeignet) nebst Gasthaus am heutigen Standort beauftragte. Der wichtigste Schüler Karl Friedrich Schinkels galt damals als Leitarchitekt des deutschen Klassizismus (Berliner Schule).

Dabei dachte Pückler durchaus „modern“. Er verschrieb sich der damals revolutionären Änderung des technologischen Brauprozesses nach dem Vorbild der „Pilsner Brauart“, die er auf dem Rückweg von seiner Orientreise in Marienbad kennen gelernt hatte.

Co-Working im Pferdestall

„Wenn es gedacht werden kann, kann es auch gemacht werden.“ So lautet das Motto des FRANZ!werks in Tübingen, Straße Bei den Pferdeställen 8: „Ein lebendigen Ort voller Energie, in dem sich Menschen begegnen um sich gemeinsam in Projekten, Initiativen und Unternehmungen verschiedenster Art zu ‚verwerklichen‘“.

Doch vor dem Co-Working – oder CoCreation – im Pferdestall, musste eine Baugenehmigung her. Wie so oft, hängt diese überwiegend von der Erfüllung der Brandschutzanforderungen ab. Das Gebäude, das aus einem Erdgeschoss, einem Obergeschoss und einem nicht ausgebauten Dachgeschoss besteht, soll – so steht es im Bauantrag – zu gewerblichen Zwecken genutzt werden: Metallbau; Prototypenbau; Gerätebau; Montage von Kleinserien; Produktion Audiovisueller Medien; Entwicklung und Vermarktung von Produkten (z.B. Ton-technische Geräte, Möbel usw.). Zumindest aus dem Blickwinkel der Bauaufsichtsbehörde hört sich das erstmal gefährlich an. Zusätzlich wurde und wird der Innenausbau mit alten und neuen Bauteilen – Wänden, Decken, Treppen etc. – im Eigen bau errichtet.

Für die Auflösung dieses Spagats haben wir tief in die Trickkiste der Brandschutzplanung gegriffen. Fündig wurden wir in der „Industriebaurichtlinie“. Für Industriebauten mit vergleichbarer Nutzung und Größe ist eine „robuste“ Konstruktion (ohne definierten Feuerwiderstand) der tragenden und aussteifenden Bauteile durchaus ausreichend. Die erforderliche „Robustheit“ konnten wir auch der mehr als stabilen Konstruktion der Selbsthelfer bestätigen.

Veröffentlicht am 29. März 2021.