Ist der digitale Weg ein Holzweg?
Wie man auf der Welle surft
Vor einem Jahr – genau mit dem Start der ersten Corona Welle in Deutschland – begann meine Reise in die brandheiße Welt des Brandschutzes. Der Berufseinstieg gestaltete sich aufgrund des ersten Lockdowns anders als erwartet, zunächst rein über digitale Heimarbeit oder, um es zeitgemäß zu betiteln, im Homeoffice.
Im Nachhinein betrachtet bildete dies die perfekte Vorbereitung für den nächsten Schritt. Der Fortbildung zur Fachplanerin für den vorbeugenden Brandschutz. Doch wie sieht dieser in Zeiten von Lockdown, Besucherverbot, Abstandhalten und einem ewig währenden Marathon an stetig wechselnden Bestimmungen aus? Immerhin umfasst eine Fortbildung zum Fachplaner Brandschutz 2.0 offiziell ganze 122 Lerneinheiten (LE) und dauert 3-4 Monate. Diese möchte der strebsame Lehrling für seine Kursgebühren auch voll auskosten, ohne eine wandelnde Gesundheitsgefährdung zu werden.
Die Lösung kam als digitale Variante des normalerweise in mehreren Großstädten stattfindenden Lehrganges. Seit 2021 bietet beispielsweise die Feuertrutz zum ersten Mal eine rein digitale Fortbildung zum Fachplaner Brandschutz an und eines möchte ich gerne kurz vorneweg nehmen – auch wenn dieser Weg seine kleinen Tücken hat, handelt es sich nicht um einen Holzweg, solange man selbst keinen daraus macht.
Die Feuertrutz stellt Deutschlands größtes Medienhaus für Fachinformationen zum vorbeugenden Brandschutz dar und bietet neben Fachmagazinen, zahlreichen Publikationen auch Veranstaltungen und Messen. Mit so viel Branchen Know-how ist es nicht überraschend, dass schnell der umfangreiche Lehrgang organisiert wurde. Die Frage ist, ob er qualitativ mit seinen analogen Vorgängern mithalten kann.
Der Kurs wird gehalten
Schauen wir uns den Verlauf des Lehrgangs einmal genauer an. Nach der digitalen Anmeldung kamen die Kursunterlagen inklusive des offiziellen Lehrbuches von Herrn Lutz Battran (ergänzend für all jene, die nach einem Tag vor dem Bildschirm einfach mal wieder etwas Gedrucktes in der Hand halten möchten), umgehend auf postalischem Weg. Anfangs waren noch einige Präsenztermine veranschlagt – in der wohlwollenden Hoffnung, dass zumindest die Workshops und Prüfungen von Angesicht zu Angesicht stattfinden können. Die Kursinhalte wurden in 7 Module (Themengebiete) aufgeteilt und reichten von den Grundlagen über gesetzliche Bezüge, den verschiedene Stufen des Brandschutzes bis zu weiterführenden Themen aus der Praxis. Auch wenn der letzte Punkt nach einer Erzählung von Anekdoten klingt, ist es gerade für Berufseinsteiger hilfreich, aus konkreten Situationen zu lernen. Der Brandschutz bietet genug Konfliktpotenzial und besonders der Umgang mit den verschiedenen Baubeteiligten will von Anfang an gelernt sein.
Als Plattform für das Webinar-System wurde die seit 2019/2020 als Weiterbildungsakademie zertifizierte neue Rudolf Müller Akademie gewählt. Wie andere digitale Vertreter (Zoom/Teams etc.) vermittelt der Dozent in einem virtuellen Klassenraum per Webcam und Präsentation die Inhalte den zugeschalteten Teilnehmern. Neben einer Chatfunktion (nützlich für Zwischenfragen oder dem Einreichen eines Antrages auf eine Kaffeepause) können auch schnelle Umfragen veranstaltet oder die Kursteilnehmer für Gruppenarbeiten in einzelne Chatrooms aufgeteilt werden. Die Struktur der Plattform gestaltet sich übersichtlich und gut nachvollziehbar (meine Wenigkeit hatte bei der Erstbenutzung keine Probleme, das Gesuchte zu finden). Natürlich gab es dennoch gerade am Anfang viele Unsicherheiten und Fragen zum Ablauf des Kurses.
Dafür fand zum Auftakt eine digitale Kennenlernrunde statt. Die Dozenten der verschiedenen Module stellten sich und ihren beruflichen Hintergrund vor, ebenso die ca. 30 Kursteilnehmer. Leider dauerte das Zuschalten der Kamera meist länger als der eigentliche Vorstellungsprozess und so blieben die meisten nur eine Stimme ohne Gesicht. Mit von der Partie war auch eine Mitarbeiterin der Rudolf Müller Akademie als technischer Support, Ansprechpartner und kommunikatives Bindeglied zwischen Dozenten und Teilnehmern, wenn Informationen außerhalb der Kurszeiten kommuniziert werden mussten.
Segel setzen – es geht los!
Idealerweise konnte man sich vor Beginn des Moduls die Unterlagen und Übungsaufgaben als PDF im Downloadbereich besorgen. Ich hatte diese während des Kurses parallel zum digitalen Klassenraum geöffnet und versah die einzelnen Folien fleißig mit Notizen. Einige Teilnehmer bevorzugten die ausgedruckte Variante und handschriftliche Ergänzungen. Beides funktioniert und war in jedem Fall ratsam, denn die ein oder andere Testfrage ließ sich besser anhand des Erzählten beantworten. Schwerer war hingegen das reine Durchhaltevermögen des körpereigenen Sitzfleisches. Nach der Freitagsrunde von 14:00 – 19:00 Uhr schoss sich gefühlt nahtlos der Samstag an, an dem es von 8:00-16:00 Uhr weiterging. Hier war der ein oder andere sicherlich froh, dass er nicht ausgehfertig zurechtgemacht sein musste, sondern die Zeit morgens für einen weiteren Kaffee nutzen konnte, um es sich anschließend in der bequemsten Trainingshose gemütlich zu machen.
Den Vorträgen konnte man je nach Dozent sehr gut folgen und manchmal musste man sich geistig auch etwas zur Raison rufen, um thematisch am Ball zu bleiben. Allerdings möchte ich behaupten, dass dies auch in der analogen Welt ganz… analog verlaufen wäre. Eine digitale Herausforderung für die Dozenten war hingegen mit Sicherheit die Konfrontation mit dem Bildschirm anstatt der direkten Kommunikation mit den Kursteilnehmern. Denn trotz der vielen nützliche Features der Plattform ist sie eines nicht – ein Videochat für über 30 Personen. Dennoch entstand bei vielen Vorlesungen eine lockere Atmosphäre und nachdem die anfängliche Scheu verebbte, oft ein aktiver Dialog.
Auch wenn die Inhalte hier nicht genau wiedergegeben werden, sei versichert, dass die Qualität der meisten Module sehr gut war. In den meisten Fällen gibt es Themen, die man mit mehr Interesse verfolgt als andere. Dennoch merkte man deutlich, dass viel Wert auf das Verständnis der Inhalte gelegt wurde und die besonders technikaffinen Vortragenden verstanden es auch durch spontan eingestreute Umfragen, die Teilnehmer auf Trab zu halten. Passives berieseln lassen war dann keine Option, denn das Umfragetool zeigte an, wie viele Teilnehmer noch nicht abgestimmt hatten. Die praxisnahe Aufarbeitung der Lehrinhalte konnte regelmäßig anhand von Übungsaufgaben erprobt werden. Wer hier ernsthaft an einem Übungseffekt interessiert ist, dem sei die Verwendung eines PCs/Laptops wärmstens empfohlen, der die Bearbeitung von PDF-Dateien ermöglicht.
Die ausführliche Beantwortung der Teilnehmerfragen war auf der einen Seite sehr erfrischend. Denn trotz des virtuellen Rahmens entstand das Gefühl eines normalen Kurses, in dem man sich ohne Vorbehalte aktiv beteilige. Auf der anderen Seite gibt es dann immer diesen einen Teilnehmer, der das Nachfragen als regelrechten Leistungssport betreibt, was im Ausnahmefall zur zeitlichen Gefährdung der eigentlichen Unterrichtsplanung führen kann. Dankenswerterweise konnte man sich zu jederzeit mit seinen Sorgen und Verständnisproblemen an die Dozenten wenden. Sofern man also keine Abneigung gegen das Verfassen von E-Mails hatte, gab es an der Kommunikation nicht das Geringste auszusetzen. Auch unter den Teilnehmern fand ein reger Austausch in Form einer Chatgruppe statt. Wer wollte, konnte sich so fachlich auf den verschiedensten Wegen austauschen und Kontakte knüpfen. Allerdings – und das kann man bei allen Errungenschaften der Technik noch nicht ausgleichen – bleibt gerade der Small Talk bei einem netten Getränk am Abend auf der Strecke.
Fortbildung zum Fachplaner Brandschutz 2.0 – Von der Theorie zur Taufe
Wenn man etwas weiß, will man das auch beweisen bzw. muss dies in diesem Fall sogar. Denn jedes Modul endete einzeln oder als Doppelpack in einem 45-minütigen Multiple Choice Test. Auch dies war wieder eine der reizenden Funktionen der Plattform. Innerhalb einer Stunde hatte man Zeit, den Test zu beginnen, der dann nach exakt 45 Minuten automatisch beendet wurde. Die Technik erwies sich hierbei als unbestechlich und präsentierte das Resultat umgehend nach Ende des festgelegten Zeitfensters.
Abgesehen von diesen Zwischenprüfungen stand am Ende noch die Bearbeitung der Hausaufgabe an. Denn Ziel des Lehrgangs ist es, einen prüfungstauglichen Brandschutznachweis verfassen zu können. Dabei hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, ein eigenes Projekt einzureichen oder von den Prüfern Material zu bekommen. Nach ca. 4 Wochen fand das letzte Workshopwochenende statt, an dem jeder seinen aktuellen Arbeitsstand in einem individuellen Termin mit seinem Prüfer besprechen konnte. Bis zur Abgabe wurde am Brandschutznachweis gewerkelt und danach hieß es nur noch – Daumen drücken.
Fortbildung zum Fachplaner Brandschutz 2.0 – Fazit
Ist eine rein digitale Fortbildung nun das technische Nonplusultra oder nur eine temporäre Behelfsmöglichkeit über diese ungewöhnliche Zeit?
Neutral betrachtet sind die Inhalte exakt gleich, egal ob sie der Dozent vor Ort vorträgt oder in eine Kamera spricht. Die Folien wären in beiden Fällen identisch, ebenso das Lehrbuch, und die Vortragsweise würde sich wahrscheinlich nicht wesentlich unterscheiden. Von einem rein fakultativen Standpunkt aus entstehen für den Teilnehmer weder Vor- noch Nachteile.
Wie schon weiter oben erwähnt, ziehen aber bei allen Kommunikationsmöglichkeiten die angenehmen Nebenerscheinungen einer Fortbildung in der digitalen Welt meist den Kürzeren. Das Kennenlernen von Gleichgesinnten und die Kontaktpflege geht von Angesicht zu Angesicht wesentlich leichter und nachhaltiger und nach all der Zeit zu Hause hätte man gegen eine kleine Dienstreise in eine schöne Stadt – und sei es nur zu Prüfungszwecken – wirklich nichts gehabt.
Das ist eine Klage auf hohem Niveau. Denn bei allen Einschränkungen, die wir momentan erfahren, leben wir dennoch in einer Zeit, in der es für uns überhaupt eine sichere Alternative gibt und die uns ermöglicht, den nächsten Schritt zu gehen oder uns beruflich neu zu orientieren. Für jene, die nicht mobil genug sind, um an weit entfernten Kursen teilzunehmen, ist dies sogar eine willkommene Chance. Daher wird beispielsweise Feuertrutz den Lehrgang in Zukunft abwechselnd als klassische Vor-Ort, Veranstaltung und als digitales Angebot führen.
Was ist nun die bessere Variante? Das hängt von den eigenen Voraussetzungen und Vorlieben ab. Wie gut kommt man mit dem Medium zurecht? Bevorzugt man beim Lernen die Ruhe und den Komfort der eigenen 4 Wände oder schätzt man eher den Live-Austausch mit anderen? Fällt es einem leichter, aktiv mitzuarbeiten, wenn andere mit im Raum sind? Für den Dozenten ist es sicherlich angenehmer, direkt zu den Teilnehmern sprechen zu können und ihre unmittelbaren Reaktionen zu erfahren. Vielleicht erfordert das Lernen über PC eine höhere Disziplin, aber wer aktiv mitarbeiten will, der kann dies analog wie digital. Wer lieber in der bildlich gesprochenen letzten Reihe ein Nickerchen hält, dem fällt dies anonym hinter dem Bildschirm noch leichter. Wichtig ist, sich selbstkritisch einzuschätzen und den Weg zu wählen, der einen persönlich weiterbringt.
Veröffentlicht am 2. Juni 2021.