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Expertengespräch: Brandschutz im Holzbau
Der Holzbau als eine der zukunftsorientierten Bauweisen gewinnt immer mehr an Bedeutung. Dennoch gibt es in den verschiedenen Bauordnungen der Bundesländer zahlreiche Hürden. Dies liegt unter anderem an der altbekannten Tatsache, das Holz brennt. Als Baumaterial beteiligt er sich am Brand und trägt er aktiv zur Brandlast bei. Allerdings berechenbar!
Wer wissen möchte, warum Holz gutmütig brennt und was die Anforderungen an den Holzbau für die Zukunft sind, kann es hier nachlesen, oder es gemütlich in der Aufzeichnung nachhören. Über die verschiedenen Vor-und Nachteile des Holzbaus informieren und diskutieren Experten aus der Praxis auf der SWISS KRONO Connect Plattform aus dem Studio in Herford.
Lebhafte Diskussion im Expertengespräch Brandschutz im Holzbau Swiss Krono
Über die verschiedenen Vor-und Nachteile des Holzbaus informieren und diskutieren Experten aus der Praxis auf der SWISS KRONO Connect Plattform aus dem Studio in Herford. Die Plattform bietet Architekten und Vertretern aus der Baubranche zu kommunizieren und an Live-Webinaren teilzunehmen und veranstaltet Expertengespräche. So geschehen am 07.09.2021 zum Thema Brandschutz mit Reinhard Eberl-Pacan, Dipl.- Ing. Architekt, Planer & Sachverständiger für den vorbeugenden Brandschutz, Sachverständiger für die brandschutztechnische Bau- und Objektüberwachung, Vize-Präsident des Deutsches Institut für vorbeugenden Brandschutz e.V. (DIvB) und Vorsitzender der Bundesvereinigung Fachplaner. Das Interview wurde geführt von Christian Poloczek, Export-Manager OSB bei Swiss Krono. Interviewpartner war Stefan Gottfried, er ist Anwendungstechniker bei Swiss Krono.
Nach der Ansicht von Eberl-Pacan gibt es bereits einige Wege, die Hürden beim Holzbau zu meistern. Der zentrale Makel des Baustoffes Holz liegt in seiner Brennbarkeit. Die These, dass Holz „gutmütig“ brennt, erweiterte Reinhard Eberl-Pacan dahingehend, dass es sich hierbei sogar um einen intelligenten Baustoff handelt. Denn Holz schützt sich bei einem Brandereignis selbst. Die äußere Schicht verkohlt und schützt dadurch den tragenden Kern im inneren. Die Zeit, in der ein Abbrand erfolgt, lässt sich mittlerweile präzise berechnen und dadurch ist eine genaue brandschutztechnische Planung möglich.
Was für Richtlinien gibt es?
Dieser Tatbestand findet momentan in den meisten Landesbauordnungen (LBO) noch keine Beachtung. Hier harmonieren die meisten Vorgaben noch mit den bisher üblichen Baustoffen Beton, Mauerwerk und Stahl. Doch während in den niedrigeren Gebäudeklassen der Holzbau einfach umsetzbar ist, gelten besonders für mehrgeschossige Bauwerke strenge Vorgaben. So geben die Landesbauordnungen vor, dass Bauteile wie Decken und tragende Wände in der GK 4 und 5 nichtbrennbar (nbr) sein müssen. Dies resultiert meistens in der Verwendung von Beton.
Es existieren vereinzelt Beispiele und Initiativen, die Holz für die entsprechenden Bereiche verwenden. Davon sieht man im fertig gestellten Bauwerk allerdings meist nicht mehr, denn in den meisten Fällen wird das Holz durch Gipskartonplatten wieder nichtbrennbar gekapselt. Ein ehrlicher Holzbau ist das dann nicht und von den atmosphärischen Qualitäten und positiven Auswirkungen auf das Raumklima bleibt für den Nutzer nichts mehr übrig.
Vorteile von Holz im Blick
Dabei sind dies weitere Pluspunkte für den Holzbau, die gerade von Architekten und Bauherren meist explizit gewünscht sind. Das Image der altbackenen Holzhütte ist mittlerweile längst überholt und zahlreiche moderne Holzbauten zeigen sowohl die konstruktive, als auch gestalterische Vielseitigkeit des Baustoffes. Das Büro brandschutz plus betreute beispielsweise das Bauprojekt Lynarstraße in Berlin-Wedding. Bei diesem Wohngebäude wurde sowohl bei der Fassade als auch im Innenraum großzügig sichtbares Holz verbaut. Das Projekt wurde bereits kurz nach der Fertigstellung mit dem Holzbaupreis ausgezeichnet.
Ein weiteres Beispiel ist das Wohnhaus Walden 48, ebenfalls in Berlin von Scharabi Architekten. Hier fand die Kapselung des Holzes eher aus Schallschutzgründen statt. Generell sollte nie außer Acht gelassen werden, dass der Brandschutz immer nur ein Teil des Bauphysik-Paketes ist, den man zwar die angemessene Beachtung schenken, aber nicht die komplette Gestaltung unterwerfen sollte. Der Brandschutz hat seinen Teil zum Bauvorhaben zu erfüllen. Ziel seines guten Brandschutzes sollte es dennoch sein, neben dieser Pflichterfüllung nicht den Charakter des Gebäudes komplett zu bestimmen. Aus Erfahrung berichtete Reinhard Eberl-Pacan während des Expertengespräch Brandschutz im Holzbau Swiss Krono, dass hierfür gerade im Bereich Holzbau ein gut funktionierendes Team und lebendige Kommunikation entscheidend sein kann. Gerade wegen der vorhandenen Schwierigkeiten ist es wichtig, den Mut zu finden, um neue Wege einzuschlagen. Aber auch der Umgang mit unweigerlichen Rückschlägen innerhalb des Teams ist bedeutend. Gegenseitige Schuldzuweisungen sind in solchen Situationen weder konstruktiv noch zielführend. Der Fokus sollte vielmehr auf einer gemeinsamen Abstimmung liegen, durch die interdisziplinäre Alternativen erarbeitet werden können.
Ökonomische Faktoren für den Holzbau
Es lohnt sich, diesen Aufwand zu betreiben. Neben den bereits genannten Qualitäten gibt es ebenso rein ökonomische Faktoren. Durch die genaue Vorfertigung von Holzbauteilen in Fabriken kann die reine Bauzeit vor Ort um ein Fünftel reduziert werden. Neben einer immensen Kosteneinsparung bedeutet, dass auch eine geringere Belastung für den städtischen Innenraum und zukünftigen Nachbarn.
Zudem stellt Holz allein durch seine herausragende ökologische Bilanz einen der bedeutendsten Baustoffe der Zukunft dar. Dies ist insofern von enormer Bedeutung, da die Baubranche für ca. 40 % der CO² Emissionen verantwortlich ist. Im klimagerechten Bauen liegt daher immenses Potenzial für eine zukunftsorientierte Umstrukturierung der Baubranche. Denn bei Holz handelt sich um einen nachwachsenden Rohstoff mit der Fähigkeit, CO² zu binden. Dieser Aspekt spielt besonders in der ganzheitlichen Betrachtung des Lebenszyklus eines Gebäudes eine entscheidende Rolle. Dieser lässt sich gut anhand des temporären Bauwerks B-Part am Gleisdreieck in Berlin verdeutlichen.
B-Part am Gleisdreieck als positives Beispiel
Das Konzept dieses multifunktionalen Holzbaus sieht vor, ihn nach einer bestimmten Zeit rückstandslos abzubauen und an einem anderen Ort wieder zu errichten. Weitere Möglichkeiten der Holzverwertung innerhalb eines Bauprozesses sind die Wiederverwertung als Bestandteil neuer Bauprodukte oder die Verfeuerung am Ende des Lebenszyklus.
Fazit von Herrn Eberl-Pacan
Abschließend fasste Reinhard Eberl-Pacan noch einmal zusammen, was passieren muss, damit Holzbau reibungslos funktionieren kann. Dafür ist es wichtig, offen zu sein und neue Techniken beim Planungsprozess zu nutzen. Holz muss ein Baustoff sein, dem wir eine vergleichbare Leistung wie Beton und Stahl zuzutrauen. Dabei sollte keineswegs seine Brennbarkeit und daraus resultierende Beitrag zur Brandlast eines Gebäudes außer Acht gelassen werden. Aber zieht man wiederum die Berechenbarkeit des Abbrandes mit in Betracht, so kann schon sehr früh im Planungsprozess umgegangen und entsprechende Maßnahmen ergriffen werden.
Ziel sollte es auch sein, die Politik in den einzelnen Bundesländern von dem Nutzen und der Machbarkeit des Holzbaus zu überzeugen. Jedes einzelne Bundesland zeichnet sich für die eigene Bauordnung verantwortlich und viele haben weiterhin große Bedenken, den Holzbau auch in höheren Gebäudeklassen zu ermöglichen. Vorreiter war hier lange Zeit Baden-Württemberg. Durch die Zulassung von Holz als Baustoff für tragende und aussteifende Bauteile höherer Gebäudeklassen öffnete das Bundesland eine breite Tür für den Holzbau. Damit existierte eine Grundlage, die als Basis für andere Bundesländer herangezogen werden konnte. Mittlerweile hat sich diese Tür leider teilweise wieder geschlossen. Es bleibt zu hoffen, dass sich in Zukunft Wege für den Holzbau eröffnen und ein Umdenken auf gesellschaftlicher und politischer Ebene stattfindet.
Inhalte entstammen dem Expertengespräch Brandschutz im Holzbau Swiss Krono vom 07.09.2021
Veröffentlicht am 28. September 2021.