Modulares und serielles Bauen – erfolgreich mit Holz und innovativem Brandschutz

Bauschild von unserem Projekt
Bauschild von unserem Projekt

Modulares Bauen fasziniert Architektur und Baugewerbe seit der Errichtung der Pyramiden im alten Ägypten. Statt kleinteiliger Ziegel wurden für die Grabbauten großformative Blöcke benutzt. Modulares Bauen steht dabei für geringe Kosten und schnelle Bauzeit aufgrund in Serie vorgefertigter Elemente. Während diese Bauweise – gefertigt aus Stahl oder Beton – in der Vergangenheit eher für rostende Bausünden oder unansehnliche Plattenbauten sorgte, verhilft der Baustoff Holz der Modulbauweise zu neuen Höhenflügen. 

MOKIB Typ P120 

Kein Wunder, dass das Land Berlin zur Behebung des akuten Mangels an Betreuungsplätzen in Kindertagesstätten auf diese Bauweise setzte. „MOKIB“ heißt das Großprojekt, das für „Modulare Kita-Bauten für Berlin“ steht. Das Projekt startete 2017. In einem Architekturwettbewerb wurden vier Typenentwürfe für standardisierte zwei- und dreigeschossige Objekte in modularer Holzbauweise ausgewählt und zwei davon zur Realisierung vorgeschlagen.  

Die Wahl beim zweigeschossigen Typ „P120“ fiel auf die Entwürfe des Architektenbüros Kersten Kopp. Geplante und bereits errichtete MOKIB dieses Typs bieten bis zu 136 Kindern und eine Zubereitungsküche Platz. Vorgefertigt und aufgestellt wird die Typenbauserie P120 durch den Generalunternehmer Terhalle. Charakteristisch sind Massivholzelemente von bis zu 19 m Spannweite für die Decken und tragende Wände aus Massivholzelementen. Ein optisch gelungenes Zusammenspiel sibirischer Lärche und farbig emaillierter Glaselemente bestimmt die äußere Erscheinung der Gebäude. Die Bauzeit für den Holzrohbau lag bei fünf bis sieben Wochen.  

Flexibler, modularer Baukörper aus Holz 

Der Bautyp lässt sich an verschiedene Grundstücke und bestehende Bebauungen anpassen und wird nach und nach an mehreren, zum Teil beengten Standorten realisiert. Unterschiedliche Gebäudefiguren – Riegel, L-Form, Hofhaus – ermöglichen die flexible Anordnung von Gruppenraum-, Funktionsraum- und Eingangs- und Erschließungsmodulen. Gebäude über Eck können an Bestandbauten oder in andere bestehende Gebäudekompositionen eingefügt werden.  

Lebendiges Zentrum und Rückgrat zur Orientierung bietet ein Spielflur, an den die anderen Raummodule in verschiedenen Figurationen angelagert werden. Der Eingangsbereich mit gebäudehohem Luftraum schafft durch Fenster und Durchblicke in anliegende Räume eine offene, einladende Atmosphäre. Holz, das vorherrschende Material für die Konstruktion, ist überall sichtbar. Aus hellen, holzfarbenen Oberflächen werden angenehme Räume für die Kinder. 

Verschiedene Konstruktionsmöglichkeiten durch die modulare Konzeption der Gebäude (Bildnachweis: © Kersten Kopp Architekten)
Verschiedene Konstruktionsmöglichkeiten durch die modulare Konzeption der Gebäude (Bildnachweis: © Kersten Kopp Architekten)

Brandschutz für einen sicheren „Holzbaukasten“ 

Schon in der Wettbewerbsphase haben wir als Brandschutzplaner die Architekten Kersten Kopp begleitet. Von Anfang an setzten die Architekten auf einen „Holzbaukasten“: Raummodule aus Holz, die unterschiedliche Nutzungen aufnehmen und über eine „Fuge“ (Spiel- und Erschließungsflur), fortlaufend „addiert“ bzw. zu verschiedenen Gebäudekonfigurationen zusammengesetzt werden können.  

Die Herausforderung für die Brandschutzplanung bestand darin, tragende und aussteifende sowie raumabschließende Teile der Konstruktion (Wände, Stützen und Geschossdecken), Wände der Treppenräume und Trennwände aus brennbaren Baustoffen (Holz) feuerhemmend zulassen. Das Material Holz konnte weitgehend sichtbar bleiben und leistet durch seine Berechenbarkeit im Brandfall einen wertvollen Beitrag zum Brandschutz zu einem sicheren Gebäude für Kinder, Betreuer und Eltern. 

Kita in der Bauphase: Holzrahmenbau mit SWISS KRONO OSB/3 sensitiv (Bildnachweis: © SWISS KRONO | Foto: Andreas Muhs)
Kita in der Bauphase: Holzrahmenbau mit SWISS KRONO OSB/3 sensitiv (Bildnachweis: © SWISS KRONO | Foto: Andreas Muhs)
Kita in der Bauphase: Element um Element entsteht das Gebäude (Bildnachweis: © SWISS KRONO | Foto: Andreas Muhs)
Kita in der Bauphase: Element um Element entsteht das Gebäude (Bildnachweis: © SWISS KRONO | Foto: Andreas Muhs)

„Notwendige Flure“ vs. „gesicherte Bereiche“ 

Zentrales Werkzeug für dieses Unterfangen war eine Unterteilung der Gebäude in „Cluster“ als räumliche Einheiten. Innerhalb der „Cluster“ ist für ausreichende Sicherheit gesorgt, ohne die Nutzung einzuschränken. Zusätzlich können sie ohne erforderliche Anpassungen jeweils flexibel mit anderen „Clustern“ kombiniert werden. 

Diese Clusterbildung basiert den Erfahrungen unseres Büros, das „gesicherten Bereiche“ (Cluster) bereits 2014 für Schulbauten, wie dem Waldorf-Campus in Berlin-Schöneberg, entwickelte. In den Schulbauempfehlungen von März 2016 wurden diese Grundsätze der Brandschutzplanung auch durch die Berliner „Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen“ (SenStadtUm) übernommen. 

So konnte in den MOKIB eine vielbeklagte „Brandschutzeinrichtung“, die sogenannten „notwendigen Flure“, vermieden werden. Garderobenhaken, Infotafeln oder gar Schülerzeichnungen an den Wänden sind dort tabu. Diese leer geräumten trostlosen Gänge finden bei Schülern und Lehrern wenig Gegenliebe.  

Es geht auch anders. Für das Brandschutzkonzept des Waldorf-CAMPUS entwickelten wir ein System von die auch ohne „notwendige“ Flure ausreichend Flucht- und Rettungswege haben; entweder in einen Treppenraum oder in einen anderen „gesicherten Bereich“. Für Kinder und Pädagogen schafft dieses Konzept viele kreative Freiräume in den Erschließungs- und Kommunikationsbereichen, die in Schulen mit modernen offenen Unterrichtskonzepten besonders wichtig sind; ohne die Sicherheit oder den Brandschutz zu gefährden.

Das Spiel mit dem Material – Holz und Beton 

Die Cluster haben eine Größe von < 400 m² und sind durch feuerhemmende Trennwände nach § 29 BauO Bln mit feuerhemmenden, rauchdicht und selbstschließenden Öffnungsabschlüssen getrennt.  

Die Fensteröffnung im EG der Trennwand zwischen Cluster C1 (Büroleitung) und dem Cluster C3 wird als Festverglasung mit einem Feuerwiderstand der Verglasung entsprechend der Trennwände gem. § 29 (3) BauO Bln feuerhemmend (F30) ausgeführt.  

In den verschiedenen Aktions- und Themenräumen der Kita werden die Kinder Anregungen zum Forschen und Experimentieren finden. Ganz nach dem Berliner Bildungsprogramm für Kitas und Kindertagespflege der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie werden in der Kita insbesondere die Bereiche Biologie, Chemie oder Physik thematisiert. Einen Schwerpunkt legen die Pädagog*innen auf das Thema Nachhaltigkeit. Dabei geht es unter anderem um den bewussten Umgang mit natürlichen Ressourcen, das eigene Konsumverhalten aber auch das soziale Miteinander. Die Kinder sollen bereits im frühkindlichen Alter für eine nachhaltige Entwicklung sensibilisiert werden. 

 

Es wurde ein Grundkonzept erarbeitet, indem die einzelnen Kompartments bzw. Cluster so betrachtet wurden, dass sie anschließend verschieden angeordnet werden können. Je nach Gebäudeform wurden verschiedene Konzepte für Rettungswege entwickelt. Entweder es gibt für die zwei Cluster je eine vertikale Treppe an der Außenfassade des Objektes oder es gibt nur eine Außentreppe und der zweite Weg führt innenliegend über eine Treppe. Neben den Standards für die Grundformen sind je nach Standort auch die jeweils örtlichen Begebenheiten wie Löschwasseranschluss, Zufahrtswege und dergleichen zu beachten. 

Außenansichten einer Kita des Typs 60 Plus (Bildnachweis: © SWISS KRONO | Foto: Andreas Muhs)
Außenansichten einer Kita des Typs 60 Plus (Bildnachweis: © SWISS KRONO | Foto: Andreas Muhs)
Außenansichten einer Kita des Typs 60 Plus (Bildnachweis: © SWISS KRONO | Foto: Andreas Muhs)
Außenansichten einer Kita des Typs 60 Plus (Bildnachweis: © SWISS KRONO | Foto: Andreas Muhs)

Serielles Bauen steht für den Bruch mit der Tradition der Einzelfertigung von Gebäuden und einer Umwälzung hin zu einer Serienfertigung von Prototypen. Komplette Typengebäude oder modulare Raumzellen – industriell und standardisiert vorgefertigt – werden auf Baustellen zu unterschiedlichen Ensembles oder Gesamtgebäuden zusammengefügt. Sowohl Ensembles als auch Gebäude können trotzdem Unikate sein und sowohl von außen als auch von innen auf individuellen Entwürfen und Anforderungen basieren.  

Im Gegensatz zur Modulbauweise erstreckt sich serielles Bauen aber nicht nur auf das Bauverfahren und die Bauweise, sondern auch auf andere Planungs- und Bauprozesse, wie die Planung und Koordination, den Transport und die Logistik sowie auf die Produktion. Die Serien- bzw. Modulfertigung soll Planungs- und Herstellungsprozesse vereinfachen und beschleunigen. Durch die Verlagerung des Vorfertigungsprozesses weg von der Baustelle profitieren insbesondere die Nachbarn in bestehenden Quartieren. Deutlich kürzere Baustellenzeiten und der Wiederholungseffekte können zu Kosteneinsparungen führen. 

Die Fakten im Überblick 

Gebäudeart  4 zweigeschossige Kindertagesstätten im Rahmen des MOKIB-Programms, Typ P60 Plus, Haupt- und Nebengebäude mit rund 700 m2 Nutzfläche, Groenhoffstraße 5, 36163 Poppenhausen (Wasserkuppe)  
Bauherr  Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Abteilung Hochbau, Fehrbelliner Platz 2, 10707 Berlin, www.stadtentwicklung.berlin.de  
Baujahr  Ab 2018 
Architekten und Generalplaner  Kersten Kopp Architekten GmbH, Rheinstraße 45, 12616 Berlin, http://www.kersten-kopp.de  
TGA  Ingenieurgesellschaft W33 mbH, Kohlfurter Straße 41/43, 10999 Berlin, www.w33-berlin.de   
Tragwerksplanung  PICHLER Ingenieure GmbH, Alt-Moabit 62-63, 10555 Berlin, www.pichleringenieure.de   
Brandschutzplanung  Brandschutz plus, Brunnenstraße 156, 10115 Berlin, www.brandschutzplus.de  
Ausführendes Unternehmen Vorfertigung und Montage  Terhalle Holzbau GmbH, Solmsstraße 46, 48683 Ahaus, www.terhalle.de   
Verarbeitete OSB-Produkte und CO2-Bindung  SWISS KRONO/OSB 3 sensitiv:
280 x 125 mm in 15 mm Stärke 870 m3
3.000 x 1.250 mm in 15 mm Stärke 675 m3 Insgesamt ca. 1.545 m3 OSB, das sind 1.545 Tonnen gespeichertes CO2