Aus einer Plattenbau-Schule wurde eine moderne Grundschule mit drei Baukörpern.

Der Bestandsbau wurde aufwändig saniert und um zwei Gebäudeflügel erweitert.

Das Bestandsgebäude nach der Sanierung und mit neuer Holzfassade ©CKRS Architekten

Die im Jahr 1972 fertiggestellte Wilhelm-Gentz-Grundschule in Neuruppin war ein Plattenbau vom Typ Erfurt. Dieser serielle Gebäudetyp wurde speziell für Schulen eingesetzt und galt als sehr modern und effizient. Nach gut 40 Jahren zeigten sich jedoch Mängel am Bestandsgebäude und zudem bot die Schule nicht mehr ausreichend Platz für eine inklusive Ganztagsschule. Die Stadt Neuruppin plante eine umfangreiche Sanierung und Neubauten. Das Berliner Architekturbüro CKRS gewann den Wettbewerb und bekam den Zuschlag. 

Schrittweise zu einer nachhaltigen Bauweise

Der Plattenbau wurde entkernt, die ehemalige Sporthalle und die Fachräume wurden abgetragen. Es entstanden ein neuer Fachraumbereich und eine neue Sporthalle. Der bestehende Plattenbauteil musste energetisch gedämmt werden und bekam eine neue Vorhangfassade aus Lärchenholz. Der neue Anbau wurde in Stahlbeton gebaut und erhielt ebenfalls eine Holzfassade. Die beiden Über-Eck-stehenden Gebäudeteile umschließen eine neue Sporthalle, die in Holzrahmenbauweise (nur UG in Stahlbeton) errichtet wurde.

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1. OG des Gebäudeensembles; zwecks Raumabschluss werden die Fenster von der Mensa und den Unterrichtsräumen zur Sporthalle mit G30-Glas ausgeführt, auf den Wärmeschutz (F30) konnte verzichtet werden ©brandschutz plus
Der Plattenbau (hier vor dem Umbau) wurde entkernt, energetisch saniert und mit einer Holz-Fassade verschönert

Vom notwendigen Flur und von Fachräumen aus kann man durch Fenster direkt in die Sporthalle schauen. Die Fenster erhielten eine G30-Verglasung statt einer F30-Verglasung, d.h., es konnte auf die wärmeisolierende Eigenschaft verzichtet werden. Als Gründe wurden die geringe Brandlast in der Sporthalle sowie der Verzicht auf das Kochen in der Mensa (hier werden die Speisen nur aufgewärmt) angeführt. Die Fluchtwege führen auch nicht direkt an den Fenstern vorbei, Hitze ist also nicht relevant, gleichzeitig hat man durch die Fenster eine gute Sichtverbindung auf beide Seiten, so dass ein Gefahrenherd schnell erkannt wird. Und – wie immer ein gutes Argument – kann durch die Alarmierungsanlage frühzeitig Alarm ausgelöst werden.

Für das Gebäudeensemble, speziell aber für die Sporthalle wurden 14 Erleichterungen und eine Abweichung genehmigt. Besonders interessant ist dabei die Erleichterung, dass die tragenden Wände und Stützen im Außenwandbereich der Sporthalle nicht feuerbeständig, sondern nur feuerhemmend aus Holz ausgeführt wurden. Genehmigt wurde das durch eine Alarmierungsanlage, die auf die Feuerwehr aufgeschaltet ist, und durch eine vergleichsweise geringe Brandlast im Verhältnis zum Raumvolumen. Angrenzende Bereiche wurden feuerhemmend abgetrennt.

Einige Teile der nichttragenden Außenwände konnten aus Holz ohne Feuerwiderstand ausgeführt werden. Möglich wurde dies, da die tragenden Holzständer feuerhemmend ausgeführt wurden und die Polycarbonat-Lichtbauelemente im Dach schwerentflammbar sind. Die betroffenen Außenwände schließen außerdem nicht direkt an die Sporthalle an. Das Dach der Sporthalle wurde im 5-m-Bereich von beiden Seiten raumabschließend feuerhemmend ausgeführt, um einen Brandüberschlag zwischen Sporthalle und notwendigem Flur zu behindern.

Weitere Erleichterungen betrafen einen reduzierten Feuerwiderstand des Daches bei aufgehenden Bauteilen, Öffnungen in den Decken, den Verzicht auf eine innere Brandwand, Rauchableitung über Fenster statt an oberster Stelle, die lichte Breite der Treppen in den Bestandstreppenräumen u.ä.

 

 

Der Plattenbauteil (im Vordergrund mit blauem Dach) wurde entkernt und saniert, links entstand ein neuer Trakt aus Stahlbeton für Verwaltungsräume und die Mensa. Beide Gebäudeteile umschließen die neue Sporthalle, die in Holzbauweise entstand.

Eine für moderne pädagogische Konzepte gebaute Schule mit nachhaltigem Charakter

Die Erleichterungen sind zum Teil notwendig, um den Bestand nicht verändern zu müssen und zum Teil aus bautechnischen Gründen gewünscht. Bei einem sinnvollen Umgang der abweichenden Maßnahmen kann man, natürlich schutzzielorientiert, einiges an Geld sparen, obwohl es auch immer Kompensationen geben muss. Die Wilhelm-Gentz-Schule in Neuruppin ist nun bei geschickter Integration des Plattenbau-Bestands und hybrider Ergänzung der Neubauten zu einer modernen Schule für zwölf Klassen, 300 Schüler und integriertem Hort geworden. Die Holzfassade verbindet alle drei Gebäude und macht sie auch optisch zu einer (Nutzungs-)Einheit.

Bauzeit von nur 20 Monaten

Die Mischung aus bestehendem Stahlbetonbauteil (Plattenbau) und der Ergänzung um eine neue Stahlbetonerweiterung sowie die in Holzrahmenbauweise erstellte Sporthalle ergibt in Verbindung mit einer Vorhangfassade aus Holz und der Holzrahmenbauweise der Sporthalle ein nachhaltiges Gebäude, das in einer Bauzeit von nur knapp zwei Jahren termingerecht übergeben werden konnte. Eine PV-Anlage auf dem begrünten Dach liefert ausreichend Strom für die Schule, Überschüsse werden ins öffentliche Netz eingespeist.

Die Beteiligten:

Architektur: CKRS Architekten, Berlin
Statik: ifb frohloff staffe kühl ecker Beratende Ingenieure, Berlin
Brandschutz: Eberl-Pacan Gesellschaft von Architekten mbH (jetzt: brandschutz plus), Berlin
TGA-Planung: Azimut GmbH, Berlin
Bauphysik, Wärmeschutz: ISRW Klapdor GmbH, Berlin
Landschaftsplanung: Hradil Landschaftsarchitektur, Neuruppin