Für Bezirke und Architekten planen wir den Brandschutz in denkmalgeschützten Schulen
Viele Berliner Schulen haben Ihre 100-Jahrfeier bereits hinter sich. Sie wurden von Architekten und Baumeistern entsprechend ihrer Bauzeit nach den damals gültigen Regeln der Baukunst und der Technik geplant und gebaut. Wegen ihrer typischen, attraktiv gestalteten Backsteinfassaden, ihres reichen Bilderschmucks oder ihrer klaren architektonischen Sprache stehen viele unter Denkmalschutz.
Doch sie sind in die Jahre gekommen. Aus gegenwärtiger Sicht stellt sich daher oft die Frage, ob diese Gebäude auch heute noch mit gestiegenen Sicherheitsanforderungen mithalten können? Damit sie auch künftig ihre vielen Funktionen als Bildungseinrichtung, als Stadtteilzentrum oder als Standort kultureller Veranstaltungen für Kinder und Erwachsene in historischen Räumlichkeiten erfüllen können, müssen sie laufend instandgehalten, saniert und den aktuellen Erfordernissen angepasst werden. Dabei dürfen die pädagogischen Anforderungen und der Denkmalcharakter der Gebäude keinen Schaden nehmen. Aber auch Sicherheit und Brandschutz dürfen nicht zu kurz kommen.
Manchmal bedeutet das einen schwierigen Spagat. Wir unterstützen Bezirksämter und Architekten mit einer denkmalgerechten Brandschutzplanung und Brandschutzberatung bei der Umsetzung.
Historische architektonische Struktur
Historische Schulen basieren meist auf regelmäßigen architektonischen Strukturen. Entlang großzügiger, ebenso langer wie hoher und breiter Korridore reihen sich links und rechts die Klassenzimmer aneinander. Anfang und Ende dieser Erschließungswege bilden durchgängige Treppenräume.
Gelegentlich spiegelt sich in diesen Grundrissen noch die damals übliche Aufteilung zwischen Jungen und Mädchen wieder. Sporthallen und Mensen wurden aufgrund ihrer Höhe oft übereinander gebaut und überspringen damit ein oder zwei Geschosse. Diese Sonderräume wurden in die Struktur des Grundrisses integriert und nicht etwa als Solitär auf dem Schulgelände angeordnet, wie es heute oft der Fall ist. Als weitere Nutzungen wurden Küster- oder Hausmeisterwohnungen integriert.
Auf den Spuren von Luise und Wilhelm Teske
Seit 1998 trug die Schöneberger Oberschule den Namen Luise-und-Wilhelm-Teske-Oberschule, benannt nach einem engagierten Ehepaar, das während der NS-Zeit verfolgte Jüdinnen und Juden bei sich im Keller versteckte. Der Name droht angesichts der Fusion der Schule mit der Waldenburg-Schule zur 08. Integrierten Sekundarschule zu Beginn des laufenden Schuljahres verloren zu gehen.
Das Wenige, das über Luise und Wilhelm Teske, die im Bayrischen Viertel eine Schusterei betrieben, bekannt geworden ist, reicht aus, um zu erkennen, dass es sich bei dem Ehepaar um überaus mutige Menschen handelte. Mutig setzten sie sich für ihre Überzeugungen ein, teilten ihr weniges Hab und Gut mit den Verfolgten und nahmen die Gefahr in Kauf, entdeckt zu werden. Gerade weil die Teskes keine ‚großen Namen’
tragen und ihre Geschichte keine Geschichtsbücher füllt, sondern sie zwei der ‚unbekannten Helden’ sind, von denen es leider viel zu wenige gab, setzen sich Schöneberger Schülerinnen und Schüler für ihre Namenspatronen ein. Sie wollen den bisherigen Namen ihrer Schule erhalten, damit die Geschichte der Teskes nicht in Vergessenheit gerät.
In umfangreichen Recherchearbeiten versuchen die Jugendlichen mehr über das Leben und Handeln der Teskes zu erfahren, indem sie Zeitzeugen, die sich noch an das Ehepaar erinnern, interviewen und mit der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem in Kontakt treten. Dort wurden Luise und Wilhelm Teske 2009 als „Gerechte unter den Völkern“ namentlich geehrt. Die Ergebnisse ihrer Arbeit wollen die Schülerinnen und Schüler auf dem Jugendforum denk!mal am 17. Januar 2011 im Abgeordnetenhaus von Berlin präsentieren, nicht zuletzt um ihrem Anliegen zu mehr Öffentlichkeit zu verhelfen.
Unter Berliner Schuldächern: Schönheit und Sicherheit – Aktuelle baurechtliche Grundlagen
Schulen, z. T. zusätzlich mit Kindergärten, Horten oder Stadtteilzentren, müssen auf Grundlage der aktuellen Bauordnung (Bauordnung Berlin – BauO Bln) bewertet werden. Aufgrund Ihrer Nutzung und Funktion sind sie als Sonderbauten einzuordnen. In Berlin legt die Muster-Richtlinie über bauaufsichtliche Anforderungen an Schulen (Muster-Schulbau-Richtlinie – MSchulbauR) die Anforderungen an Schulen fest.
Dazu kann es vorkommen, dass in Abhängigkeit von der Größe oder den Besucherzahlen (>200 Besucher) von für schulische oder außerschulische Zwecke genutzten Aulen oder Sportstätten auch die Musterverordnung über den Bau und Betrieb von Versammlungsstätten (Muster-Versammlungsstättenverordnung – MVStättVO) berücksichtigt werden muss.
Alternatives Brandschutzkonzept
Die Besonderheiten der Architektur der Schulen von damals bergen jedoch auch ohne eine restriktive und kompromisslose Umsetzung aktueller Vorschriften aus brandschutztechnischer Sicht viel Bedarf an aber auch viele Möglichkeiten für wesentliche Verbesserungen. Im Idealfall nehmen alle Vorschläge und Planungen für Anpassungen und Optimierungen Rücksicht auf die vorhandene Bausubstanz und gehen auf die speziellen Potenziale und Anforderungen der Bauteile und Nutzungen ein.
Beispiele für einen solchen Umgang mit den entstehenden Herausforderungen können bestehende, z. T. denkmalgeschützte Türen darstellen. Abbildung 3 zeigt rote Holztüren, die in einer Trennwand nach § 29 BauO Bln stehen. Die aktuellen Anforderung für diese Türen aus der BauO Bln lautet: feuerhemmend, dicht- und selbstschließend.
Um z. B. bei einem Brand in der Sporthalle die frühzeitige Evakuierung der Klassenräume über die angrenzenden Flure sicherzustellen, werden dort zusätzlich zu der in der Schule erforderlichen Alarmanlage mit manuellen Rauchmeldern automatische Rauchmelder installiert. Über die erforderlichen Sirenen werden Schüler und Lehrer frühzeitig alarmiert und können die Schule über diese Rettungswege verlassen, bevor Feuer oder Rauch diese unpassierbar machen.
Ruppin-Grundschule Berlin-Friedenau
In den Jahren 1913 – 1914 ließ Baurat Hans Altmann, Architekt und Baumeister, das Schulgebäude erbauen.
Das Gebäude besteht aus zwei Gebäudeteilen, die durch einen Übergang verbunden sind, auf dem sich eine Dachterrasse befindet. Es zeichnet sich durch eine Klinkerfassade aus, die mit glasierter Keramik verkleidet ist: in Berlin eine Seltenheit. Bemerkenswert ist der Bogenpfeiler am Haupteingang, der vollständig aus Keramik gefertigt ist. Dieser und weitere umfangreiche Keramikarbeiten wurden von den Bildhauern Kuhl und Butzke in Handarbeit angefertigt.
Kurz nach Fertigstellung des Gebäudes begann 1914 der 1. Weltkrieg und statt der 3. Volksschule Friedenaus beherbergte es das Reserve-Lazarett für verwundete Soldaten und Kriegsopfer. Erst im März 1919 wurde der Schulbetrieb aufgenommen.
Von den Zerstörungen des 2. Weltkriegs blieb das Schulgebäude weitgehend verschont, jedoch wurde der Schulbetrieb eingestellt und es wurde von deutschem Militär, nach der Kapitulation von
russischen und später von amerikanischen Besatzungstruppen genutzt. Das kann einen Austausch der Türen bedeuten oder deren umfangreichere Ertüchtigung. Sie – und ggf. das ganze Gebäude – können dadurch ihren bauzeitlichen und denkmalgeschützten Charakter verlieren. Alternativ kann über ein schutzzielorientiertes Brandschutzkonzept für die Schule auf der Wege einer Erleichterung mit entsprechender Kompensation für den Nachweis des Brandschutzes gesorgt werden.
Am 15. April 1947 zog die 19. Volksschule mit über 1000 Schülern (514 Mädchen und 509 Jungen) und 6 Lehrkräften in das Gebäude, ab 1951 nutzte die Friedrich-Bergius Oberschule den hinteren Gebäudeteil, den vorderen, an der Offenbacher Straße gelegen, bezog die 16. Grundschule. Seit 1956 trägt sie den heutigen Namen: Ruppin-Grundschule. Der Name bezieht sich auf die Ruppiner Schweiz, ein seenreiches Platten- und Hügelland zischen Neuruppin und Rheinsberg.
Unter Berliner Schuldächern: Schönheit und Sicherheit – Rauchabschnitte bilden
Ein weiteres Merkmal historischer Schulen sind lange Flure, die Klassenräume mit Treppenräumen, Aulen, Sportstätten oder Eingangsfoyers verbinden. Nach aktueller BauO Bln sind „notwendige Flure … durch nichtabschließbare, rauchdichte und selbstschließende Abschlüsse in Rauchabschnitte zu unterteilen. Die Rauchabschnitte sollen nicht länger als 30 m sein.“ Die nachträglich zur Trennung von Rauchabschnitten eingebauten Rauchschutztüren können sich bei flexibler Auslegung des zweiten Satzes (g. Über- oder Unterschreitungen) in die vorhandene Gebäudestruktur (z. B. bei Bögen oder Stürze) einfügen. Bei angemessener ästhetischer Gestaltung nach Vorgabe der Denkmalbehörde tragen sie nicht nur zum Brandschutz sondern auch positiv zur Optik des Gebäudes bei (s. Abbildung 4)
Unter Berliner Schuldächern: Schönheit und Sicherheit – Fazit
Viele historische und denkmalgeschützte Schulen in Berlin benötigen aus brandschutztechnischer Sicht ein Update. Dabei ist es wichtig, mit Augenmaß einen Weg zwischen Bestandschutz, Denkmalschutz und den geltenden Brandschutzvorschriften zu finden, mit intelligenten und eleganten Lösungen, die den Charme dieser Schulen mit ihrer wertvollen Bausubstanz nicht zerstören.