Hilfestellungen zur korrekten Einstufung
Die brandschutztechnischen Anforderungen an Trennwände zwischen Nutzungseinheiten oder Räumen werden i. d. R. von der Gebäudeklasse (GK) bestimmt. Räume mit Explosions- oder erhöhter Brandgefahr (REB) sind unabhängig davon aber immer feuerbeständig abzutrennen. Die Einstufung dieser Räume kann höchst unterschiedlich sein, da hierfür derzeit keine einheitliche rechtliche Bewertungsgrundlage existiert.
Betrachtung von Explosions- und Brandgefahren
Zur Einstufung derartiger Räume muss der unbestimmte Rechtsbegriff Explosions- oder erhöhter Brandgefahr genauer betrachtet werden. Für diese Einstufung können z. B. Räume zur Aufbewahrung fester Abfallstoffe (Müllräume) nach § 45 MBO herangezogen werden. Ihre raumabschließenden Bauteile müssen – ebenso wie die von Nutzungseinheiten – den Bauteilanforderungen für die jeweilige GK genügen. Daraus kann gefolgert werden, dass bei REB eine höhere Brandgefahr als bei Müllräumen unterstellt wird.
Die Schwelle zur Einstufung eines REB muss also deutlich über dem Gefahrenpotenzial eines Müllraums liegen. Nicht jede Raumnutzung, die über der üblichen Brandlast liegt, oder z. B. das Vorhandensein elektrischer Geräte muss daher dazu führen, den entsprechenden Raum zum REB zu erklären. Solche Bewertungen sind eher subjektiv und gehen häufig nicht mit dem Schutzzielgedanken des Gesetzgebers einher.
Kosten durch fehlerhafte Einstufung
Häufig werden z. B. Kopier-, Putzmittel-, Technik- oder Lagerräume als REB eingestuft. Damit sind brandschutztechnischen Abtrennungen gefordert, die zu erheblichen Kostensteigerungen führen können. Lüftungsleitungen müssen mit wartungspflichtigen Brandschutzklappen ausgestattet, Leitungsdurchdringungen fachgerecht abgeschottet und Feuerschutzabschlüsse eingebaut werden. Die Einstufung kann sogar zu einer Hochstufung der gesamten Tragkonstruktion führen.
An Sonderräume können im Einzelfall erhöhte brandschutztechnische Anforderungen gestellt werden. Bei diesen Räumen handelt es sich jedoch nicht unbedingt um REB im Sinne der MBO. Teilweise werden Anforderungen für Sonderräume in den einschlägigen Sonderbauvorschriften – z. B. Muster-Verkaufsstättenverordnung (MVKVO), Muster-Versammlungsstättenverordnung (MVStättVO), Muster-Garagenverordnung (M-GarVO), Muster-Beherbergungsstättenverordnung (MBeVO), Muster-Hochhaus-Richtlinie (MHHR) – definiert. Wenn dort keine Anforderungen gestellt werden, müssen diese ggf. im Einzelfall festgelegt werden. Rechtsgrundlage ist hier allerdings nicht § 29 Abs. 2 MBO, sondern § 51 MBO, der für Sonderbauten besondere Anforderungen vorsieht.
Musterbauordnung (MBO)
§ 29 Abs. 2 MBO:
„Trennwände sind erforderlich
1. zwischen Nutzungseinheiten sowie zwischen Nutzungseinheiten und anders genutzten Räumen, ausgenommen notwendigen Fluren,
2. zum Abschluss von Räumen mit Explosions- oder erhöhter Brandgefahr,
3. zwischen Aufenthaltsräumen und anders genutzten Räumen im Kellergeschoss.“
Räume mit erhöhter Brandgefahr schaffen Sonderbauten
Gemäß § 2 Abs. 4 Nr. 19 MBO sind „Bauliche Anlagen, deren Nutzung durch Umgang oder Lagerung von Stoffen mit Explosions- oder erhöhter Brandgefahr verbunden ist“, als Sonderbauten einzustufen. Die Einstufung eines REB kann deshalb eine Einstufung als Sonderbau nach sich ziehen. Dies kann Auswirkungen, z. B. auf das Genehmigungsverfahren, haben.
Die Brandschutzanforderungen für baurechtlich nicht geregelte Sonderräume sollten nicht über denen für geregelte Sonderräume liegen. Beispiele sind Feuerstätten für gasförmige oder flüssige Brennstoffe mit einer Nennleistung von mehr als 100 kW, die gemäß § 5 Muster-Feuerungsverordnung lediglich dichte Umfassungswände benötigen. Kopier- oder Serverräumen müssen brandschutztechnisch sicher nicht sicherer abgetrennt werden.
Elektrische Verteileinrichtungen in notwendigen Fluren benötigen gemäß Punkt 3.2.2 Muster-Leitungsanlagenrichtlinie lediglich eine Abtrennung durch nichtbrennbare Baustoffe mit geschlossenen Oberfläche. Die brandschutztechnische Abtrennung eines eigenen Raums für die Elektro-Unterverteilung muss daher keinesfalls höheren Anforderungen genügen.
Literatur zur Einstufung von Räumen mit Explosions- oder erhöhter Brandgefahr:
ARGEBAU Bauministerkonferenz: Auslegungshilfen, Fragen-Antwort-Katalog zur Musterbauordnung: „Eine erhöhte Brandgefahr liegt insbesondere vor, wenn brandfördernde, leichtentzündliche oder hochentzündliche Stoffe entsprechend den Gefährlichkeitsmerkmalen nach der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) in nicht geringen Mengen gelagert, be- oder verarbeitet werden. Zur weiteren Bestimmung gegebenenfalls erhöhter Gefährdungen können die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) herangezogen werden.“
Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen als Oberste Bauaufsicht für das Land NRW: Erläuterung zu Teil 4 (Hochhäuser) der Sonderbauverordnung: „Als Räume mit erhöhter Brandgefahr sind z.B. Lagerräume, Werkräume, Magazine und Laborräume anzusehen. Darüber hinaus können folgende Kriterien für eine Bewertung, ob Räume erhöhten Brandgefahren ausgesetzt sind, im Einzelfall herangezogen werden:
- Mindestgröße (ab 20 m²) und
- Vorhandensein von Zündquellen und
- Vorhandensein von leicht entzündlichen Materialien (z.B. Lösungsmittel, brennbare Flüssigkeiten etc.) oder
- Durchführung feuergefährlicher Arbeiten (z.B. löten, schweißen, trennen).
Nicht zu Räumen mit erhöhter Brandgefahr zählen danach z.B. Putzmittelräume, Teeküchen und Kopierräume. Weitere Anforderungen können sich aus der Betriebssicherheitsverordnung, der Gefahrstoffverordnung, den arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen und anderen Vorschriften ergeben.“
Amtsblatt für Brandenburg – Nr. 10 vom 18. März 2009: Verwaltungsvorschrift zur Brandenburgischen Bauordnung (VVBbgBO), Bekanntmachung des Ministeriums für Infrastruktur und Raumordnung vom 18. Februar 2009: „Räume mit erhöhter Brandgefahr sind Räume, in denen auf Grund ihrer Nutzung ein beträchtliches Risiko der Entstehung und Ausbreitung eines Brandes besteht (zum Beispiel Lagerräume für Chemikalien, Farben, brennbare Flüssigkeiten). Das bloße Aufstellen von Kopiergeräten und Ähnlichem begründet diese Eigenschaft nicht.“
Veröffentlicht am 2. April 2020.