SWISS KRONO-Architektenveranstaltung
Holz als ökologischer Trend
Die zunehmende Urbanisierung, die nachhaltige und effiziente Nutzung begrenzt verfügbarer Ressourcen sowie Klimaschutz durch die energetische Optimierung bestehender Gebäude sind Trends und Maßnahmen, die das Bauen mit Holz als Lösung anstehender Aufgaben besonders attraktiv machen. Eine Erhöhung des Anteils der Holzbauweise würde eine erhebliche CO2-Einsparung nach sich ziehen und bietet deshalb eine nicht unerhebliche Lösung für mehr Klimaschutz.
Holz – vor Jahren noch „Baustoff der Zukunft“ – ist in der Baubranche wieder angekommen. In Sachen Baurecht erweist sich dieser Fortschritt in der Betrachtung des Holzbaus jedoch als Schnecke.
Baurecht als Hemmschuh für den Klimaschutz
Holzkonstruktionen können sich im Brandfall durchaus als ebenbürtig zu anderen Bauweisen erweisen. Eine kompetente Planung und vor allem ein an den Baustoff Holz angepasster Umgang mit dem erforderlichen Brandschutz machen Holzkonstruktionen auch für mehrgeschossige Gebäude der Gebäudeklassen (GK) 4 und 5 (über 7 Meter Höhe des obersten Fußbodens) ausreichend sicher.
Trotzdem finden sich in den meisten Bauordnungen der Länder Regelungen, welche die Verwendung von Holz für feuerbeständige Bauteile ausschließen und sie für hochfeuerhemmende Bauteile stark einschränken (etwa durch eine Verkleidung mit Gipskarton- oder Faserzementplatten).
Holzbau in den Länderbauordnungen
Bereits 2015 hat Baden-Württemberg erkannt, dass durch eine Änderung in der Landesbauordnung für Baden-Württemberg der Holzbau als Garant für Klimaschutz und Nachhaltigkeit massiv gefördert werden kann. Nach Berlin, Hamburg, Hessen (alle 2018) und Nordrhein-Westfalen (2019) ist im Mai 2019 mit Bremen das sechste Bundesland aus der breiten Phalanx der „Holzbaubehinderer“ – allen voran Bayern und Brandenburg – ausgebrochen und hat eine Tür für ökologisches und nachhaltiges Bauen aufgestoßen.
In den sechs Landesbauordnungen wird zugelassen, dass tragende, aussteifende oder raumabschließende Bauteile (Decken, Trennwände oder Stützen), die als hochfeuerhemmende oder feuerbeständige Bauteile ausgeführt werden müssen, auch aus brennbaren Baustoffen (z.B. Holz) ohne nichtbrennbare Brandschutzbekleidung bestehen dürfen. Die sechs „Separatisten“ sind sich jedoch keineswegs einig. Während die aktuellen Formulierungen in der LBO BW und der Bauordnung Berlin kurz und präzise gefasst sind, stellt z.B. die Bauordnung Nordrhein-Westfalen eine zusätzliche Anforderung an brandschutzrelevante Bauteile aus brennbaren Baustoffen: Sie müssen „so hergestellt und eingebaut werden, dass Feuer und Rauch nicht über Grenzen von Brand- oder Rauchabschnitten, insbesondere Geschosstrennungen, hinweg übertragen werden können“.
Diese Anforderung muss grundsätzlich von allen feuerwiderstandsfähigen Bauteilen – auch von denen aus nichtbrennbaren Baustoffen – erfüllt werden. Die Angst vor der Brandgefahr durch Bauteile aus Holz ist anscheinend so groß, dass dieses substanzielle Gebot nochmals ins Stammbuch des Holzbaus geschrieben werden muss.
Neue Holzbaurichtlinie
Die Weiterentwicklung bauordnungsrechtlicher Regelungen zum Holzbau in der GK4 und 5 macht auch eine Neufassung der bisherigen Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an hochfeuerhemmende Bauteile in Holzbauweise von 2004, besser bekannt als „Holzbaurichtlinie“, notwendig. Sie gilt bisher lediglich für Holzbauweisen, wie Holztafel-, Holzrahmen- oder Fachwerkbau (s. Abbildung 4) und nicht für die in den Bauordnungen Hamburg und Bremen geforderten Holz-Massivbauweisen, wie Brettstapel- und Blockbau (ausgenommen Brettstapeldecken).
Aus diesem Dilemma soll nun eine neue „M-HolzBauRL“ helfen. Diese übernimmt die „Anforderungen an Gebäude der Gebäudeklasse 4 mit feuerwiderstandsfähigen Bauteilen in Holzrahmen- und Holztafelbauweise“ von der Vorgängerrichtlinie und ergänzt sie um die „Anforderungen an Standardgebäude der Gebäudeklasse 4 und 5. Daneben befinden sich darin „Anforderungen an Außenwandbekleidungen aus Holz und Holzwerkstoffen bei Gebäuden der Gebäudeklasse 4 und 5“ sowie zu „Installationen“ und zur „Überwachung der Bauausführung“.
Da weder Stahlbeton-, noch Stahl- oder Mauerwerksbau einer eigenen Richtlinie bedürfen, stellt sich grundsätzlich die Frage, warum ausgerechnet für den Holzbau eine ausführliche 20seitige Richtlinie erforderlich ist?
Gekürzte Fassung des Vortrages „Der Fortschritt ist eine Schnecke“ von Reinhard Eberl-Pacan gehalten im Rahmen der Architekturveranstaltung „Zukunft in Holz“ von SWISS KRONO in Hamburg. Der vollständige Vortrag erscheint im Tagungsband dieser Veranstaltung.
Veröffentlicht am 6. Oktober 2020.