Fragen an den Brandschutz
… oder warum es an der Zeit ist, umzudenken.
Als ich mich 2006 als Architekt auf das Thema Brandschutz stürzte, war mein zweiter Gedanke, mich perspektivisch vor allem dem Brandschutz für mehrgeschossige Holzbauten zu widmen. Nicht weil ich besonders viel Ahnung von Holzbau hatte, sondern weil ich den Gedanken gut fand, angesichts der aktuellen Herausforderungen innerstädtische Häuser aus natürlichen nachwachsenden Rohstoffen zu bauen, auf Baustellen zu gehen, die nach Harz duften und einmal vielleicht sogar selbst in einem solchen Holzhaus in der Mitte Berlins zu wohnen.
Das war damals eine herausfordernde Vision und der Weg dahin war natürlich geprägt von vielen kleinen Schritten, Fortschritte aber auch Rückschläge. Zunächst stellte ich schnell fest, wie vielschichtig die die Bestimmungen der Bauordnungen, Verordnungen und Richtlinien Gebäude in Holz über die Höhe niedriger Gebäude hinaus be- oder gar verhinderten. Dann musste ich die eklatanten Unterschiede zwischen der Kultur, dem Denken oder der Herangehensweise an Aufgabenstellungen von Brandschützern und Holzwürmern erkennen.
Warum wird 2016 das Jahr des Holzbaus? Verschiedene Welten
Bestimmungen und Regelungen zum Brandschutz sind weitgehend schriftlich festgelegt und für jeden offen zugänglich und anwendbar. Ganz anders in der Welt der Holzbauer: Wissen und Kompetenz werden über Generationen still und heimlich von Vätern an Söhne weitergegeben. Kenntnisse und Informationen sind von einem geheimen Zauber umgeben, der nur unwillig, unvollständig und für wenige Eingeweihte geöffnet wird. Gerüchte, Halbwissen und Fehlinformationen werden zäh bewahrt und sind kaum aufzuklären und auszurotten.
Doch es stellten sich langsam aber sicher Fortschritte ein. Zunehmend lernte ich auch in der Welt der Holzbauer Menschen mit Offenheit und Begeisterung für die Sache kennen, Mitstreiter und Begleiter auf dem Weg, Türen und Tore für den Holzbau zu öffnen, Überzeugungsarbeit für einen Baustoff zu leisten, dessen Vorteile für die Herausforderungen unserer Zeit so klar auf der Hand liegen, dass ich mich nach neun Jahren immer wieder wundere, dass sie nicht deutlicher und entschlossener aufgenommen und eingesetzt werden. Zu dieser Idee, die bleiben soll, gehört ein Stück positive Vision, die uns alle durch die Mühen der Ebenen trug und weiter trägt.
Es ist an der Zeit! Darum ist 2016 das Jahr des Holzbaus.
Ein neues Zeitalter ist angebrochen.
Es ist an der Zeit einen Baustoff zu würdigen, der mit seiner positiven Ausstrahlung auf eine lange erfolgreiche Tradition zurückblicken kann und der gleichzeitig alles mit sich bringt, was dieses Zeitalter von uns fordert: Nachhaltigkeit, Sparsamkeit, Erneuerbarkeit, Wiederverwendung, Energieeinsparung, Vorfertigung, regionale Verfügbarkeit usw.
Es ist an der Zeit zu erkennen, dass jede Generation ihre Herausforderungen selbst lösen muss und diese nicht den kommenden Generationen aufbürden darf. Das gilt für die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen ebenso wie für die wirtschaftliche Entwicklung, den sozialen Zusammenhalt und den demografischen Wandel unserer Gesellschaft.
Es ist an der Zeit, dass etwas geschieht. Die Jahre 2011-2015 waren die wärmsten fünf Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Viele extreme Wetterereignisse ─ vor allem Hitzewellen ─ wurden durch den Klimawandel hervorgerufen, besagt eine Fünf-Jahres-Studie der Weltorganisation für Meteorologie (WMO).
Warum wird 2016 das Jahr des Holzbaus? – die Antwort
Es ist an der Zeit, aufzuwachen und den beabsichtigten Zweck für Einsatz von Baumaterialien über Gewohnheiten und Vorurteile zu stellen. Holz muss als Baustoff wieder zurück gebracht werden in das Bewusstsein der Architekten und Nutzer. Wir müssen jene Baustoffe wählen, die dem Gebäude, den Nutzern und der Umwelt dienen und nicht jene, die vermeintlich billig und leicht erschwinglich sind und unsere Ideen, unser Know-how als unendliche Ressource einsetzen um die begrenzten Ressourcen unserer Umwelt zu schonen.
Es ist an der Zeit, zu verstehen, dass der Drang der Menschen in die Ballungsräume eine Chance für vielgeschossige Holzbauten bis über die Hochhausgrenze hinaus bietet. Das Wohnen im Holzhaus vermittelt vielen zuerst vielleicht nur ein besseres Umweltgewissen. Doch natürliche Baustoffe, lebendige Oberflächen und diffusionsoffene Fassaden erzeugen auch ein deutlich besseres Wohnklima als konventionelle Massivbauten. Positiv ist, dass dieser Zugewinn an Nachhaltigkeit, Gesundheit und Umweltverträglichkeit nicht durch Einbußen an Komfort oder Sicherheit erkauft werden muss.
Holzweg
Hütten baue ich dir aus Hunger und Holz dichte siegle mit Durst Dach und Tür schütze vor Spottes beißenden Wind und gehecheltes Wild wie dich auf deinen Holzwegen
Reinhard Eberl-Pacan
aus Brandwende 2009
Veröffentlicht am 5. Januar 0216.